»Die 6 Kontrabässe«, »Die 12 Celli«,»Die 20 Flöten«, »Die 30 Tubas« .
Sind das wirklich schon alle Formationen?
Tief im großen Orchester wirkt noch eine völlig unerhörte Saiten-Gruppe,
im Niemandsland zwischen Geigen, Celli und Kontrabässen.
Meistens fallen Sie nur auf, wenn sie einmal nicht spielen ...
... und dennoch lösen sie auffallend viel Beachtung, samt vieler Witze aus, sodass es Zeit wurde sich mal ernsthaft vorzustellen.
Und wie sie das tun! bracc! ist ihr Name, Chamber Rock das Genre!
Sechs Bratschen und ein Klavier balancieren auf dem straff gespannten Drahtseil zwischen Konzertsaal, Rockschuppen und Kleinkunstbühne: funkelnde Selbstironie, rasante Arrangements, ein trampelndes, jubelndes Publikum. Und plötzlich weicht alle lärmende Begeisterung einer zeitlos-fernen Stille um die rätselhaft schönen Renaissance-Klänge eines Josquin Desprez.
Ein Bratscher tritt auf, wie man sich ihn nicht bratschermässiger vorstellen kann, eine Orchesterprobe mit einer senil-verbohrten Dirigentenstimme, der Bratscher mit seinen immer gleichen Achteln träumt sich fort in eine bessere Welt aus James Bond und Brigitte Bardot. Die „Sinfonie der Tausend“ von Gustav Mahler, gespielt von einer Bratsche allein, Led Zeppelins „Whole Lotta Love“, Bachs „Chromatische Fantasie“ als hochvirtuoser Zickenkrieg. Das Publikum sitzt da und traut seinen Augen nicht: eine entfesselte Rockband? ein weltfernes Consort? eine schräge Truppe? Professionell das Ensemble, spieltechnisch hoch das Niveau, mitreißend die Interpretation! bracc! Philharmonischer Chamber Rock pur.
Die Bratsche ist ein Instrument, das erst spät für die virtuose Musik entdeckt wurde. Aber hier, in den Händen der Mitglieder der Bratschengruppe der Münchner Philharmoniker, entfaltet sie ihre machtvollen und üppigen Klangfarben. Die durchweg eigenen und aus einer Hand stammenden Arrangements sind sehnsuchtsvoll bis fetzig, die Programme sind Kabinettstücke intelligenter Unterhaltung. Ein Höhepunkt ist der Auftritt des Bratschers Esa Kamu, einem frisch pensionierten Mitglied der Staatsoper München. In ihm finden die Bratscherwitze ihre Erfüllung und zugleich ihre eigene Persiflage.